Christoph Frucht – Ehrenpräsident des JGHV – verstorben

Am Nachmittag des 24.Oktober 2023 verstarb Forstdirektor a.D. Christoph Frucht, Ehrenpräsident des Jagdgebrauchshundverbandes nach langer, schwerer Krankheit.
 
1986 - Internationale VGP des DL-Verbandes. Vorsichtig zieht die braune Hündin nach, kaut immer wieder die Witterung, steht vor, zieht nach. Die starke Kette Rebhühner streicht ab. Vier Schüsse fallen, vier Hühner liegen in einem fränkischen Revier in einem Rübenacker. Brav sammelt die Hündin die Hühner ein, eines nach dem anderen. Ich rufe dem Richter Waidmannsheil zu. Gemeinsam haben wir vor der Hündin im Laufe des Prüfungstages nunmehr 6 Hühner erlegt. Herrlich! Als wir an den Rand des Ackers ziehen, begrüßt uns ein Herr in grünem Loden. Es ist Christoph Frucht, der neu gewählte Präsident des JGHV, der unser Treiben vom Feldrand schon länger beobachtete. Er freut sich mit uns, lacht, scherzt, ist außer sich vor Freude und gestikuliert wild mit seinen großen Händen. Das ist seine Welt – jagen mit Hunden! Es ist der Beginn einer langen Freundschaft…
 Christoph Frucht wurde am 06. März 1938 geboren und erlebte als Kind die Auswirkungen eines schrecklichen Krieges. Schon früh hatte er über seinen Vater Kontakt mit der Jagd. Nach dem Abitur studierte Frucht als Corpsstudent (Hercynia) an der Universität München Forstwissenschaften und absolvierte im Anschluss in Bayern, u.a. am Forstamt Rohrbrunn im Spessart, das Referendariat. Einer der Revierleiter war Walter Heim, der damals schon Hannoversche Schweißhunde führte und den jungen Jäger und Forstmann mit seiner Arbeit begeisterte und sicher auch prägte. Jahre später übernahm Christoph Frucht die Leitung des Forstamtes Mittelsinn im Spessart, war viele Jahre Leiter der Rotwildhegegemeinschaft Rhön-West und Vorsitzender des JGV Main-Spessart-Ecke, von 1981 bis 2009 ehrenamtlicher Geschäftsführer des Naturparkes Spessart und ab 2005 Jagdberater der Regierung von Unterfranken.
 
„Fast wichtiger noch als gute Waffen, ist‘ s gute Hunde anzuschaffen. Denn ohne Hilfe guter Hunde, geht nutzlos manches Wild zugrunde“*
 
Gute Jagdgebrauchshunde waren für Christoph Frucht stets fester Bestandteil seines Lebens. Seine Hunde waren Familienmitglieder und unverzichtbare Jagdhelfer gleichermaßen. Rassefanatismus war ihm fremd und so führte er in seinem langen Jägerleben u.a. Jagdterrier, Kleine Münsterländer und Deutsch-Langhaar. Seine besondere Liebe galt der Schweißarbeit. In der Arbeit mit Hannoverschen Schweißhunden fand er große Erfüllung. Eine erfolgreiche, schwierige Nachsuche, so musste man den Eindruck bekommen, bedeutete ihm mehr als ein dicker Rehbock an der Wand. Hier konnte er schwärmen, hier freute er sich geradezu kindlich über eine gute Arbeit. Das war seine Jagd!
 
Der Präsident
 
Bereits 1978 wurde Christoph Frucht Beisitzer im Präsidium des Jagdgebrauchshundverbandes. 1986, die Hauptversammlung des JGHV fand damals anlässlich der Weltjagdausstellung in Nürnberg statt, wurde er zum Präsidenten des JGHV gewählt und „beerbte“ damit Heinrich Uhde. Nach vier Amtsperioden kandidierte Christoph Frucht nicht mehr und wurde auf dem Verbandstag 2002 zum Ehrenpräsidenten ernannt. In diese Amtsperiode fielen schwerwiegende Entscheidungen im Jagd- und Jagdgebrauchshundewesen, die in vielen Bereichen dem gesellschaftlichen und politischen Wandel geschuldet waren. In seine Amtsperiode fiel die „Wende“ und damit der Zusammenschluss des Jagdgebrauchshundewesens der „alten und neuen Bundesländer“. Junge Menschen, die „für die Sache brannten“, förderte er, wo immer es ihm möglich und sinnvoll erschien. Wenn auch die Herausforderungen der damaligen Zeit ganz anderer Art waren, als dies heute ist, muss man sich fragen, wie ein Mensch all‘ diesen Aufgaben und Verpflichtungen nachkommen konnte? Die Antwort ist relativ einfach: Christoph Frucht wollte es! Unterstützt von seiner Familie, die wohl wusste, welche Rolle Jagd und Hund im Leben des Ehemanns und zweifachen Vaters spielte und oft, vielleicht zu oft, zurücksteckte, zurückstecken musste, aber immer hinter ihm stand, war er getrieben von einer gedanklichen Welt, die Oskar von Riesenthal in seinem Buch „Waidmannsheil“ bereits 1880 mit den Worten: „Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild, waidmännisch jagt, wie sich’s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt!“ so trefflich zusammenfasste.
 
So fröhlich Christoph Frucht in geselliger Runde sein konnte, so ernst, so verzweifelt, manchmal nahezu melancholisch, war er, wenn er in vertrautem Kreis die Entwicklung der Jagd und des Jagdgebrauchshundewesens diskutierte. Konsequenzen zu ziehen und zu fordern, fiel ihm immer wieder schwer. Christoph Frucht, der von sich in einer hitzigen Diskussion einmal behauptete „Angst, nur aus den Augen seiner Feinde zu kennen“, war in Wahrheit nicht der Freund offener Auseinandersetzungen. Die Art und Weise aber, wie er Probleme löste, war einzigartig, bemerkenswert und auf seine Person zugeschnitten – unnachahmlich. Der Erfolg gab ihm oft recht.
 
„Die Übung macht den Meister nur allein, Du sollst Treff König, nicht Treff Bube sein!"*
 
Mit Christoph Frucht verliert die Jagd, das Jagdgebrauchshundewesen einen ihrer ganz Großen und allen voran, das Wild einen großen Fürsprecher und aufrechten Jäger. Wir sind dankbar für die Zeit, die er uns geschenkt hat, unserem Verband, unseren Hunden und uns als seinen Wegbegleitern. Für uns hat er viel bewegt, viel erreicht und auf vieles verzichtet.
Wir bedanken uns aber nicht nur bei einem einzigartigen Menschen, sondern auch bei seiner Familie, die all‘ dies ermöglicht hat, all‘ dies hat geschehen lassen. Christoph Frucht wurde am 25. November im Spessart, inmitten seiner geliebten Wälder, im kleinsten Kreis bestattet, begleitet von seiner Familie, den engsten Freunden und selbstredend von Hunden. Leise, still, würdig, ohne Aufsehen….
Der Jagdgebrauchshundverband nimmt mit einem letzten Ho-Rüd-Ho Abschied von einem außergewöhnlichen Menschen, der für viele von uns weit mehr war als „nur“ Ehrenpräsident.
 
R.I.P.
 
Karl Walch, Präsident des Jagdgebrauchshundverbandes
 
 
*zitiert aus Werken von Walter Hulverscheidtimage0012